Milchstraßenpanorama © ESO

Das Himmelszelt auskundschaften – live!

Die Gespräche sind verstummt, das Lagerfeuer herunter gebrannt. Die warme Augustnacht der Haute-Provence ist erfüllt vom Konzert der Zikaden. Ehepaar Maier und 7-jähriges Söhnchen Alex schauen versonnen in die ver­löschende dunkelrote Glut. Die gemütlichen Kojen ihres Wohnmobils, dessen Umrisse  drüben auf der Wiese gerade noch zu erahnen sind, ziehen sie an. Morgen soll die Fahrt durch die duften­den Lavendelfelder möglichst früh weitergehen.

Da ruft Alex: “Was ist denn das? So eine merkwürdige Wolke“. Alle recken die Köpfe nach oben. In der Tat, von Horizont zu Horizont erstreckt sich über das  mit funkelnden Sternen übersäte  pechschwarze Firmament ein diffus glim­mendes nebelartiges Band. Der Vater klärt auf: “Alex, das ist die Milchstras­se“. Wä­ren das wirklich Wolken, würden sie sich in dieser Gegend als schwar­ze Flecken vor dem Sternenhimmel bemerkbar machen.

Wegen zu viel Licht sehen wir die Sterne nicht

War für unsere Vorfahren Sternenhimmel und Milchstrasse noch eine all­täg­liche, besser: eine allnächtliche Erfahrung, so ist für die meisten heutigen Stadtbewohner die Milchstrasse nur mehr ein abstrakter Begriff. Zum einen trübt die Dunstglocke über den großen Städten die freie Sicht ins Weltall, zum anderen werden die Ausdünstungen der Zivilisation auch noch von der Straßenbeleuchtung und den grellen Neonreklamen angestrahlt. Geht man in einer Grosstadt an einem klaren Abend ins Freie, können deshalb mit dem freien Auge nur noch wenige hundert Sterne gezählt werden und der Himmel ist viel zu aufgehellt um die Milchstrasse hervortreten zu lassen. Findet sich der Zivilisationsmensch jedoch unter einem unge­trübten, wirklich dunk­len Sternhimmel wieder, so kann er an die 3.000 Sterne funkeln sehen und ist über das hell leuchtende Band der Milchstrasse ver­blüfft, das sich über das Sternenzelt zieht. Nichts ist besser geeignet als ein Wohnmobil, um an einem entlegenen Ort gemütlich Details unseres Weltalls zu entdecken und zu schwelgen.

Unsere Galaxie – nächtlich kostenlos zu bestaunen

Die Milchstrasse ist unsere eigene Galaxie, eine Galaxie wie sie die großen Teleskope zu Milliarden am Himmel zeigen. Etwa 100 Milliarden Sterne bilden eine flache Scheibe mit einem Durchmesser von rund 100.000 Licht­jahren. Da wir mitten in der Galaxie stecken, erscheint sie als Band, das den ganzen Himmel umspannt. Die uns bekannten Konstellationen bilden dabei die näheren Sterne, die typischerweise einige Dutzend bis hundert Lichtjahre entfernt  liegen, nur ganz wenige Riesensonnen sind tausend und mehr Licht­jahre entfernt.  Die weiter entfernten Sterne verschmelzen für das bloße Au­ge zur Milchstrasse.

Bilder der Milchstraße (Bilder durch Anklicken vergrößern)

Ein exklusiver Logenplatz für Wohnmobilisten

Hotelanlagen liegen in der Regel in der Nähe größerer Ansiedlungen, dort kommen die meisten Zeitgenossen auch im Urlaub nicht aus dem Streukreis der zivilisatorischen Lichtverschmutzung heraus. Den Besitzern von Wohn­mobilen bietet sich jedoch ein exklusiver Logenplatz auf Naturerkenntnis und –Erlebnis, dessen sie sich bewusst werden sollten.

Längst ist Mitternacht überschritten und Familie Maier hat sich immer noch nicht satt gesehen an dem glitzernden Himmel der Provence. Doch die Milch­straße beginnt zunehmend zu verblassen, ein Schein erhellt das gesamte Firmament. Bald offenbart sich die Ursache: über den Bergen im Osten steigt ein Zitronenschnitz in den Horizont. Der abnehmende Mond legt die sanften Hü­gel der Provence in sein mildes, vor einer guten Sekunde an seiner Krater­landschaft reflektiertes Sonnenlichtlicht. Inzwischen ist es auch deutlich frisch geworden, durch den klaren Himmel kühlt die Erde schneller aus. Es wird Zeit, sich in die Kojen zurückzuziehen. Morgen wird ein wenig später losge­fahren als geplant.

Sternenzelt und Wohnmobil – das passt

Astronomie und Caravaning, das sind zwei Steckenpferde die sich wunderbar ergänzen. Für jeden naturbegeisterten Wohnmobilbesitzer ist es deshalb nahe liegend, sich mit astronomischem Instrumentarium auszurüsten.

Um ausgedehnte Objekte in der Milchstrasse zu studieren, sie übertreffen in ihrer scheinbaren Größe oft die Vollmondscheibe, ist ein Feldstecher genau das richtige. Teleskope haben hier ein viel zu kleines Gesichtsfeld. Da sind zum einen leuchtende Gasnebel, die je nach Form Namen tragen wie Nord­amerika-Nebel, Lambda-Nebel oder Hantel-Nebel. Zum anderen durch­ziehen den intergalaktischen Raum Wolken aus kosmischem Staub, die sich vor dem dichten Sternenhintergrund als Dunkelwolken abheben. Auch so ge­nannte of­fene Sternhaufen, Konzentrationen von im Vergleich zur Sonne sehr junger Sterne, sind reizvolle Feldstecherobjekte.

Beeindruckende Gasnebel (Klicken zum Vergrößern der Bilder)

Mit dem Feldstecher in die Milchstrasse

Je größer das Objektiv eines Feldstechers, desto mehr Licht kann er ein­fan­gen und desto schwächere Objekte kann er demzufolge zeigen. Die Vergrößerung und der Objektivdurchmesser sollten dabei in einem gewissen Verhält­nis zueinander stehen. Ein Fernglas mit 30 mm Objektiven sollte nicht mehr als 7-fache Vergrößerung haben (Bezeichnung 7 X 30), andernfalls wird das Bild zu dunkel. Sehr lichtstarke Ferngläser mit 80 mm Objektivdurchmesser dürfen schon 15-20 Fach vergrößern. Bei mehr als 7-facher Vergrößerung ist es allerdings empfehlenswert, das Glas auf ein Stativ zu stellen, weil das Bild sonst zu sehr wackelt. Es gibt aber zudem (nicht ganz billige) Feldstecher mit Bild­stabilisator, die man auch bei höherer Vergrößerung noch ruhig halten kann. Das Stabilisierungssystem gleicht das Zittern der Hand aus. Subjektiv ist es so, als wäre man samt Binokular in eine zähe Flüssigkeit eingebettet. Völlig frei können die Augen via Fernglas am Himmel spazieren gehen.

Ein Fernrohr für die Planeten

Will man dagegen die Oberfläche von Planeten betrachten, hilft nur ein Fern­rohr weiter. Schon mit billigen Teleskopen aus dem Kaufhaus sind der Saturn­ring auszumachen oder die kräftigsten Streifen auf dem Riesenplaneten Ju­pi­ter. Auch Ausflüge mit dem Auge via Teleskop, etwa in den zerklüfteten Kra­terlandschaften und Maren auf dem Mond, können Beobachter stunden­lang fesseln. Um die jahreszeitlichen Veränderungen der Marslandschaft oder Stür­me in der Jupiteratmosphäre zu verfolgen, sollte aber ein Fernrohr von min­destens 15 cm Durchmesser aus dem Fachhandel angeschafft werden. Die moder­nen Spiegelteleskopsysteme sind sehr kompakt und bestens für zur Mitnahme im WoMo geeignet. Meist sind sie auch als Teleobjektive für den Fotoapparat taug­lich. Linsenteleskope sind zwar grundsätzlich bei gleicher Größe leistungs­stärker als Spiegelteleskope, doch auch mehrfach teurer und durch ihre große Baulänge viel unhandlicher.

Die zwei größten Planeten unseres Sonnensystems – Jupiter und Saturn (Zum Vergrößern einfach Bilder anklicken)

Weißt du wie viel Sternlein stehen …

Mond und Planeten können bislang auch in der Stadt noch verhältnismäßig  gut beobachtet werden, ein aufgehellter Himmel schadet ihrem Anblick nicht.

Je nach Lichtstärke des Teleskopes können hunderte und tausende von Stern­haufen, Kugelsternhaufen, Galaxien oder Doppelsternen am Himmel „erjagt“ werden. Veränderliche Sterne und Schwarze Löcher sowie weitere Phänome­ne kommen noch hinzu.

Neben dem Fernrohr ist die Montierung, die Aufstellvorrichtung des Fernroh­res, ein wichtiges, unverzichtbares Utensil.

Bei stärkerer Vergrößerung macht sich die Erddrehung deutlich bemerkbar, das mühsam angepeilte Himmelsobjekt eilt also zügig aus dem Gesichtsfeld. Deshalb sind etwas bessere Fernrohre auf einer so genannten parallaktischen Montierung aufgestellt. Deren eine Drehachse muss möglichst genau auf den Himmelspol ausgerichtet sein und diese wird mit einem Antrieb genau entge­gen­gesetzt der Erddrehung bewegt. Diese Achse nennt man die Rektaszen­sionsachse. Die Achse senkrecht dazu heißt Deklinationsachse.

Himmelskoordinaten – Navi für Sterngucker

Der Ort jedes Objektes an der Himmelssphäre wird entsprechend durch seine beiden Koordinaten Rektaszension und Deklination angegeben. In der Rek­taszensionsachse sitzt bei transportablen Geräten meist ein kleines Justier­teleskop mit Fadenkreuz, mit dem durch Anpeilen des Polarsternes die Mon­tierung ausgerichtet werden kann.

Die Montierung, aber auch das Stativ, auf der sie angebracht ist, haben idea­ler­weise möglichst stabil zu sein. Je größer die Optik, desto schwerer sollte die Aufstellung sein, denn die schärfsten Bilder nutzen nichts, wenn das Tele­skop bei jedem Windhauch zittert. Ein Anspruch der leichten Transportierbar­keit steht diametral gegenüber.

Ein „Dobson“ – nichts für Starpartys

Ein so genannter Dobson ist ein besonders einfaches, platzsparendes und gut zer­legbares Spiegelteleskop mit einem leichten Gittertubus und im Vergleich zur spartanischen Mechanik überproportional großer Lichtstärke. Ein Dobson  ist vor allem zur Betrachtung schwacher Nebel und Galaxien geeignet. Meist fehlt der Nachführantrieb. Man muss das Teleskop also alle nasenlang neu auf die wandernden Himmelskörper ausrichten, weshalb es man es vorzugs­weise alleine benutzt. Für „Starpartys“, bei denen eine größere Gruppe von Sternfreunden das Fernrohr umlagert, ist ein Dobson jedenfalls ungeeignet.

Wird ein großes Spiegelteleskop auf einem Anhänger montiert, entsteht eine fahrbare Sternwarte. Am optimalen Einsatzort wird das Dach abgenommen, die Montierung auf den Himmelspol ausgerichtet  und  es kann losgehen mit den Sternstunden. Das Wohnmobil sorgt für Behaglichkeit, wenn’s am Mor­gen frisch wird und das Licht der Sterne im Leuchten unsers eigenen Sterns, der Sonne verschwindet. Die wundervollen Fotos der fremden Sonnen rufen spä­ter Erinnerun­gen wach und begeistern Freunde und Verwandte.

Autoren des Textes – Christian Wolter / Jörg Stimpfig
Bildquelle: Milchstraßenpanorama © ESO

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